Vorschlag aus EU-Parlament kann öffentliche Fotografie einschränken
Jul
Kann man als Urlauber Fotos vom Eiffelturm, dem Riesenrad London Eye (höchstes Riesenrad Europas) oder die ewig unfertige Kirche Sagrada Familia in Barcelona künftig nicht mehr einfach so ins Internet stellen? Mit dieser Frage hat sich die Piraten-Politikerin Julia Reda beschäftigt, die im Europaparlament sitzt und sich mit der Reform des Urheberrechts auseinander setzt. Die europäische Union will eine veraltete Richtlinie in die digitale Zeit von Facebook holen, die Grundlage für die gemeinsame Petition ist ein Bericht von der Piraten-Politikerin. Hauptsächlich geht es darum, dass man den Eiffelturm bei Nacht fotografieren, das Foto aber nicht bei gewerblichen Plattformen hochladen darf.
Der Initiative folgt ein Gegenvorschlag
Die Ausgangslage ist klar, dass man in Deutschland Fotos von Gebäuden wie dem Kölner Dom und öffentlichen Kunstwerken machen und frei verwenden darf, das gilt auch für kommerzielle Produkte wie Postkarten und Kalender – man redet hier von Panoramafreiheit. Reda wollte ändern, dass man im gesamten Europa der Mitgliedsstaaten die Panoramafreiheit genießen kann, doch der Vorstoß ging nach hinten los. Parlamentskollege Jean Marie Cavada machte einen Gegenvorschlag und die Christdemokraten, Sozialdemokraten und Liberalen im Rechtsausschuss waren mit ihm einer Meinung und forderten, dass man Fotos oder Videos von fest installierter Kunst und öffentlichen Gebäuden nur veröffentlichen darf, wenn man die Genehmigung der Urheber hat. Wenn man bei Facebook ein Foto postet dann gilt das allgemein als gewerblich, da dieses soziale Medium gewerblich tätig ist.
Darf man keine Urlaubsfotos mehr auf Facebook veröffentlichen?
Fotografenverband Freelens findet es unmöglich so etwas durchsetzen zu wollen, da so etwas das Ende der professionellen Fotografie im öffentlichen Raum bedeuten kann und fürchtet genauso wie auch Reda, dass nicht nur Profi-Fotografen, sondern auch private Fotografen von dieser Regel betroffen sein könnten. Reda warnt davor, solche Fotos einfach so bei Facebook zu posten, man solle sich vorher informieren, ob es sich um ein Gebäude oder ein öffentliches Kunstwerk handelt und ob dieses Werk wirklich urheberrechtlich geschützt ist, erst dann könne man dieses Foto auf Facebook hochladen. Reda sieht außerdem voraus, dass diese Einschränkung von Europäerinnen und Europäern einen Konflikt mit dem Urheberrecht bringt, man könne sich als Nutzer nicht auf die Ausnahmeregelung für unkommerzielle Veröffentlichungen verlassen.
Künstler werden fair entlohnt
Ganz dramatisch ist das ganze allerdings nicht, denn die Facebook-Regeln dienen vor allem dem Zweck, dass das Netzwerk die Bilder weiterverarbeiten kann, um sie auch anderen Nutzern zeigen zu können. Die Fachseite für Internet-Recht schrieb, wie die Plattformen darauf wohl reagieren würden, wenn Bilder von öffentlichen Orten leichter Urheberrechte verletzt würden, bliebe noch offen. Das Büro des Abgeordneten Cavada beteuert, dass es nicht darum gehe, reguläre Internetnutzer zu verfolgen, der Europa-Abgeordnete hätte nie das Ziel gehabt, Nutzer zur Kasse zu bitten oder ihre Freiheit im Internet einzuschränken. Ihm gehe es viel mehr um eine faire Entlohnung für Künstler durch Plattformen wie Facebook, Instagram oder Flickr.
Wikipedia fürchtet negative Auswirkungen
Das Online-Lexikon Wikipedia fürchtet allerdings negative Auswirkungen, da diese Freiheit die ja seit 100 Jahren bestehen erheblich eingeschränkt würde, da Wikipedia allein über tausende Fotos von öffentlichen Gebäuden und Kunstwerken verfügt. Wikipedia Schreiber, die Fotos des Louvre oder der Elbphilharmonie online gestellt hatten, schwärzten aus Protest die Gebäude schwarz ein, da sie einen Erhalt der Panoramafreiheit forderten. Selbst Einschränkungen für die gewerbliche Nutzung würden eine extrem große Rechtsunsicherheit schaffen. Man kann im Internet nicht leicht bestimmen, was als gewerblich gilt, wobei es sich nicht nur um die großen Plattformen handelt, sondern auch um Blogs, die nicht nur Werbung schalten, um die Betriebskosten zu decken.
Unterschriften gegen neue EU-Richtlinie sind leider gescheitert
Ein Mitarbeiter des Deutschen-Journalisten Verbands argumentiert, dass solch eine Richtlinie in Deutschland zu Problemen führen würde, da es hier ja ein reges Abmahnwesen gäbe, bei dem Nutzer für Urheberrechtsverletzungen belangt werden können, deshalb ist die Sorge dann auch besonders groß. Die Abgeordneten haben laut dem Mitarbeiter des Journalisten Verbands nicht den Ausmaß der Schäden für Fotografen bedacht und hofft, dass diese Passage noch einmal geändert oder komplett gestrichen wird. Fotografen und Wikipedianer haben sich dafür eingesetzt und einen offenen Brief unterzeichnet, eine Online-Petition die über 33.000 Unterschriften verfügt.
Am 9. Juli wurde vom EU-Parlament darüber diskutiert und es wurde über den Vorschlag der Verbände abgestimmt und beschlossen, dass sich an der EU-Richtlinie nichts ändern werde und in Ländern wie Frankreich, Italien, Belgien, Luxemburg und Griechenland weiterhin keine Panaromafreiheit herrsche. So braucht man für kommerzielle Aufnahmen wie die Nachtbeleuchtung des Eiffelturms weiterhin eine Genehmigung, wobei der Beschluss des Parlaments zur Reform des Urheberrechts noch nicht bindend ist. Der eigentliche Vorschlag für ein neues Gesetz wird im Herbst von der EU-Kommission erörtert und beschlossen.
Die Videos „Urheberrecht – Die Foto-Falle“ und „Das Recht am eigenen Bild“ vom WDR geben Einblicke in die Gesetzgebung und mögliche Fallstricke bei der Veröffentlichung von Bildmaterial, beispielsweise in sozialen Netzwerken.